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Valery Gergiev
Valery Gergiev

Traumgestalten

31.10.2003

Hector Berlioz hatte Großes vor. Er wollte seinen Zeitgenossen beweisen, dass er die “Musik dort weiterführen [kann], wo Beethoven aufgehört hat”. Aus diesem Grund vertiefte er sich in die Notentexte des Titanen, studierte jede Einzelheit genau, um mit seiner “Symphonie fantastique” assoziativ und seelenverwandt daran anzuschließen. Tatsächlich gelang ihm ein orchestraler Geniestreich, der ihn weit über die geläufigen Gestaltungsmodelle seiner Zeit hinaus führte.

Die “Symphonie fantastique” ist Programmmusik. Allerdings steckt eine somnambule, diffuse Geschichte hinter der Komposition. Berlioz beschrieb sie mit einem Augenzwinkern: “Ein junger Komponist von krankhafter Empfindsamkeit und glühender Fantasie hat sich in einem Anfall verzweifelten Liebeskummers mit Opium vergiftet. Die Dosis […] versenkt ihn in einen langen Schlaf, den die seltsamsten Visionen begleiten […]. Die Geliebte wird für ihn zu einer Melodie, zu einer ‘idée fixe’, die er überall wieder findet und überall hört”. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die ungewöhnliche Komposition und Struktur der einzelnen Sätze, die jeweils markante Klangcharaktere haben. Die fixe Idee wiederum entwickelt er in einem einfachen Motiv vier absteigender Töne, das über das ganze Werk verteilt immer wieder zu hören ist. So verwunschen der Plot hinter der Musik auch gewesen sein mag, Berlioz gestaltete das Werk trotzdem zielstrebig und planmäßig. Und er griff mit der idée fixe sogar auf ein Motiv zurück, das ihm bereits seit jungen Jahren, als er noch für die damalige Liebe seines Lebens Estelle schwärmte, durch den Kopf ging.

 

Die Durchführung genügt einem klaren Plan und beginnt mit “Rêveries, Passions”, den Träumen und Leidenschaften des jungen Komponisten, die ihn bis zum Erscheinen der Geliebten begleiten und der Musik eine schwebende, zwischen Euphorie und Melancholie schwankende Stimmung verleihen. Bei “Un Bal” begegnet er der Geliebten im pompösen Rahmen, entsprechend tanzhaft und klangmächtig erscheint das Orchester. “Scène aux champs”, die Szene auf dem Land, ist eine mit Flötenspiel und Donnergrollen durchzogene Erinnerung an die Einfachheit nach anachreontischem Maß. Unüberhörbar ballen sich bereits die unheilstiftenden Kräfte zusammen, die drogenumnebelt die Gedanken des Schriftsteller nach vermeintlichem Mord an der Geliebten auf den Richtplatz (“Marche au supplice”), schließlich zum Hexensabbath (“Songe d’une nuit du sabbat”) führen. Hier sind Realität und Traum nicht mehr getrennt, die Musik bekommt visionären, ungezügelten Charakter bis hin zum angedeuteten Wahnsinn.

 

Und hier treffen sie auf die Vorlieben des russischen Dirigenten Valery Gergiev. Der Tausendsassa aus Moskau und unermüdliche Botschafter der guten Sache der (vor allem russischen) Kultur ist bekannt für das Feuer der Leidenschaft, das er mit einem Orchester entfachen kann. Berlioz' “Symphonie fantastique” ist daher wie geschaffen für sein Repertoire und dementsprechend charismatisch nähert er sich auch dem Stoff. Unter Gergievs Ägide meint man, all die Höhenflüge der gepeinigten Schriftstellerseele nachvollziehen zu können, sein Flehen und Verlangen, seine Enttäuschung und Resignation. So ist ihm mit dem Wiener Philharmonikern ein Glanzstück der Interpretation gelungen, das Berlioz' Werk mit russischer Verve in die Gegenwart überführt.

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