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Erinnerungen

31.01.2003
Claudio Arrau ist eine der Klavierlegenden des vergangenen Jahrhunderts. Als musikalisches Wunderkind schaffte er den Weg aus der chilenischen Provinz an die Spitze der internationalen Konzertsaalriege. Am 6. Februar wäre er 100 Jahre alt geworden. Philips ehrt ihn aus diesem Anlass mit einer 10-CD-Edition, die viele seiner Triumphe dokumentiert.
Claudio Arrau wurde in der chilenischen Stadt Chillàn geboren. Doch seine musikalische Liebe entdeckte er in Europa. Das hatte viele Gründe. Nachdem der Bub bereits als Fünfjähriger ersten Konzerte in seiner Heimat gegeben hatte und durch Zufälle und Beziehungen unter die Fittiche der chilenischen Regierung genommen wurde, bekam er 1913 die Möglichkeit, zum Studium nach Berlin zu gehen. Bald darauf spielte er dort zur Begeisterung von Publikum und Kritik, die sich in bildungsbürgerlicher Salontradition an den verblüffenden Fähigkeiten des Wunderknaben ergötzte. Unterstützt durch ein Stipendium durfte er weiter bleiben.
 
Sein Lehrer wurde Martin Krause, selbst ein Schüler Liszts, der dem gelehrigen Eleven vor allem die Höhepunkt der romantischen Klaviermusik nahe brachte. Das Engagement lohnte sich, in den Jahren 1919 und 1920 gewann Arrau zweimal in Folge den renommierten Liszt-Preis (der zuvor 45 Jahre nicht mehr vergeben worden war). Von da an ging es mit der Karriere steil bergauf. Anno 1923 reiste er zu ersten Mal durch die amerikanischen Konzertsäle. Von 1925 an bis 1940 wirkte er als Professor am Sternschen Konservatorium in Berlin. Arraus Name wurde zunehmend ein Begriff für Perfektion und auch für das Bedürfnis nach umfassenden Interpretationen. Angefangen mit Johann Sebastian Bachs vollständigem Klavierwerk, das er 1935 in Berlin an immerhin 12 Abenden aufführte, folgten immer wieder Zyklen, in denen er sich etwa Franz Schubert oder auch Wolfgang Amadeus Mozart widmete.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich wurde aus der durch politische Verhältnisse gebremsten Entwicklung eine internationale Karriere, die ihn vor allem mit seinen legendären Beethoveneinspielungen auch auf Platte präsentierte. Aus Anlass seines hundertsten Geburtstag, den der am 9.Juni 1991 im österreichischen Mürzzuschlag verstorbene Genius am 6. Februar hätte feiern können, veröffentlicht Philips einen Querschnitt durch Arraus pianistisches Schaffen auf 10 CDs.
Die Palette der historischen Aufnahmen reicht von bislang unveröffentlichten Beethoven- und Chopinseancen, die im Jahr 1952 für die amerikanische Decca entstanden waren, bis hin zu späten Bach- und Debussy-Interpretationen, die 1991 nur wenige Monate vor seinem Tod festgehalten wurden. Zu Arraus künstlerischen Partnern gehörten dabei illustre Zeitgenossen wie Sir Colin Davis, Bernard Haitink und Arthur Grumiaux ebenso wie traditionsreiche Ensembles wie das London Symphony Orchestra und das Royal Concertgebouw Orchestra. So entstand eine beeindruckende Sammlung künstlerischer Intensität und zugleich nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was Claudio Arrau im Rahmen seines bewegten Lebens den Musikliebhabern in aller Welt zu präsentieren vermochte. Erinnerungen eben an einen Meister und unermüdlichen Workaholic im Dienste der Kunst.