Es gibt Werke, die viel zu selten gespielt werden. Obwohl sie eine große musikalische Strahlkraft haben und über eine hohe ästhetische Qualität verfügen, liegen sie außerhalb des gängigen Repertoires. Wenn der Laie solche Werke dann ausnahmsweise doch einmal zu hören bekommt, dann ist er spontan begeistert und kann gar nicht verstehen, warum ihm diese Musik bislang vorenthalten worden ist. Mehr noch: Eine solche Musik kann so eingängig sein, sie kann so viel Wärme und Begeisterung verströmen, dass der unbefangene Hörer sie zu kennen meint. Er hat immerzu das Gefühl, dass er sie schon einmal gehört hat.
So verhält es sich auch mit Beethovens schillernder Ballettmusik “Die Geschöpfe des Prometheus”. Das Werk ist prachtvoll. Es strömt Begeisterung und Zuversicht aus. Man spürt, dass irgendetwas Bedeutendes vor sich geht, dass die Geschichte in Bewegung gerät. Und so war es ja auch. Kurz bevor Beethoven das Werk komponierte, war die Französische Revolution an ihr Ende gekommen, und der Stern von Napoleon ging gerade über Europa auf. Viele Zeitgenossen sahen in Bonaparte den Mann, der die Ideale der Revolution in Europa befestigen würde. So auch Beethoven, der stark von den Idealen der Aufklärung beseelt war und oftmals mit der Haltung komponierte, dass der Mensch jetzt seine Geschicke in die eigene Hand nehme. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, das war für ihn keine bloße Parole, daran glaubte der große Komponist.
Da kam ihm dieser merkwürdige Fingerzeig des Ballettmeisters und Ersten Tänzers der Wiener Hofoper gerade recht. Salvatore Vigano bat Beethoven, eine Ballettmusik zu dem Thema “Die Geschöpfe des Prometheus” zu schreiben, und das tat der Komponist mit großem Vergnügen. Der Stoff passte zur Lage, denn Prometheus, das ist in der griechischen Mythologie ein Titan, der den Göttern das Feuer stiehlt und den Menschen formt. Er gilt als das Symbol für die gestaltende Kraft und die Revolte des Menschen, der gegen die Götter aufbegehrt. Und war die Revolution nicht auch ein Aufbegehren gegen die sogenannten göttlichen Ordnungen? Beethoven jedenfalls schien davon überzeugt zu sein, und auch wenn die Choreographie und das Libretto, die der Tänzer selbst verfasste, verschollen sind, erblickt man doch in dem Spiegel von Beethovens Musik bis heute, was für ein enormer Enthusiasmus damals herrschte.
George Petrou und das Armonia Atenea Orchestra verleihen diesem Enthusiasmus eine musikalische Gestalt, die den Hörer schier mitreißt. Dabei ist es nicht so sehr die Fanfare der Revolution, das laut Tönende, das aus ihrer Interpretation herausschallt. Vielmehr ist es die Dynamik des Augenblicks, die schöpferische Unruhe, die sich bei ihnen Ausdruck verschafft. George Petrou macht richtig Tempo. Der historische Furor der Revolution kommt in seiner Interpretation glänzend zur Geltung, und das Armonia Atenea Orchestra macht mit seinen fein geschliffenen Klanggebilden unmissverständlich deutlich, dass sich Begeisterung und Aufbruch nicht zuerst als Trommelwirbel zu erkennen geben, sondern als dynamische Poesie. Dafür bürgt natürlich vor allem der Komponist selbst, der in “Die Geschöpfe des Prometheus” sein ganzes Können hineingelegt hat.