1. Wenn Sie kein Musiker geworden wären, welchem Beruf wären Sie dann gerne nachgegangen?
Meine Antwort ändert sich im Laufe der Jahre: mit jeder erfolgreichen Person, die ich aus einem anderen Kontext kennenlerne, höre ich ihre Leidenschaft und mir wird klar, dass wir Musiker es eigentlich recht leicht haben. Ich meine, ja – wir fangen viel früher an für unseren späteren Beruf zu üben als Menschen anderer Professionen anfangen zu studieren oder zu arbeiten. Aber Berufsfelder wie Medizin, Finanzen, Recht, bei denen ich dachte, ich würde dort arbeiten wollen, klingen so als würde man genauso viel Arbeit darauf verwenden müssen, wenn nicht sogar mehr; Arbeit, Hingabe und Intelligenz! Oh mein Gott, letzteres wäre definitiv das Ende für mich. Aber klar, wenn ich mir alle 6 Sonaten und Partitas von Bach für Solo Violine merken kann, dann schaffe ich auch eine Medizinprüfung…oder? Ich werde schon nervös, wenn ich darüber nachdenke!
2. Wenn Sie wählen könnten, in welcher Epoche hätten Sie gern gelebt?
Ich mag es in unserer heutigen Gesellschaft zu leben, in der Männer und Frauen gleichberechtigt betrachtet werden und in der Themen wie Menschenrechte und Rassismus besprochen werden und über die Jahre ein Umdenken stattfindet. Ich meine, vielleicht sind die Dinge in der Zukunft noch besser. Ich kann allerdings als Enthusiast von Abenteuer-Video-Spielen sagen, wenn man nur direkt zu den besten Abschnitten springt ohne die harten Zeiten durchgemacht zu haben, dann langweilt man sich oder schätzt nicht, was man hat, da man nicht dafür gearbeitet hat. Aber ja, ich bin gespannt darauf, was die Zukunft bereithält.
3. Welchen Komponisten der Vergangenheit würden Sie bitten, ein Stück für Sie zu komponieren?
Ich würde in der Zeit zurückreisen wollen und für Johann Sebastian Bach spielen und ihm all die Möglichkeiten meiner anderen Lieblingskomponisten wie Tschaikowski, Brahms und Mendelssohn zeigen und dann sehen wie er reagiert.
4. Welchem Maler aus Vergangenheit oder Gegenwart hätten Sie gern einmal Modell gesessen?
Wenn ich auswählen könnte, wer ein Portrait von mir malt, dann müsste es Michelangelo sein – aber ein Gemälde, keine Skulptur. Außerdem, ist es möglich, dass ich nicht nackt auf dem Gemälde bin?
5. Wer ist ihr persönliches Idol – in der Musik/ generell?
Mein absoluter Lieblingsgeiger ist David Oistrakh. Während ich über die Jahre seine Aufnahmen angehört und mir seine Videos angeschaut habe, habe ich festgestellt, dass zur Wahrnehmung eines Künstlers aus der Sicht des Publikums viel mehr gehört als einfach nur die Noten oder die Musik selbst. Was macht einen „legendären Künstler“ aus? Also, man muss auf eine Art und Weise spielen, sodass der Zuschauer jede einzelne Nuance und jede persönliche Eigenheit der Interpretation erhaschen will. Eigentlich einfach, aber etwas, an dem man sein gesamtes Leben arbeiten kann.
6. Welche drei Dinge würde Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Moment – ist es eine einsame Insel (ein Ort, den man zur Entspannung aufsucht) oder ist es eine verlassene Insel (ein Ort, an dem man gestrandet ist und vermutlich sterben wird)? Meine Antwort würde sich nämlich je nach Frage ändern. Eine schöne einsame Insel, um ganze alleine zu entspannen: mein Instrument, ein wenig neues Repertoire zum Lernen und meine Badesachen. Eine verlassene Insel: Einen Helikopter, Benzin und einen Piloten.
7. Auf welches nicht musikalische Abenteuer würden Sie sich gern einmal einlassen?
Ich liebe die Natur, daher ist mein idealer Abenteuerort Hawaii. Dort gibt es so viele schöne Wanderrouten auf verschiedenen Inseln und genauso schöne Strände. In Australien findet man das auch, aber es ist viel größer und damit hängt es davon ab, wieviel Zeit man hat, um sein Abenteuer zu genießen.
8. Wie sähe Ihr ideales Publikum aus?
Mein ideales Publikum besteht aus Menschen allen Alters, aller Ethnien und aller Interessen. Vor allem arbeite ich wirklich hart daran, junge Menschen auf der ganzen Welt für klassische Musik zu begeistern. Ich verbringe viel Zeit damit, mich persönlich in den sozialen Medien mit jüngerem Publikum zu beschäftigen und es erfüllt mich immer mit stolz, wenn mir Organisatoren sagen, dass dieses Konzert so viele junge Menschen besucht haben, wie sie es nie zuvor erlebt haben. Man darf nicht vergessen, dass diese jungen Teile des Publikums die Zukunft der klassischen Musik sind. Sie brauchen musikalische Helden, zu denen sie heraufschauen können.
9. Welches Musikstück bringt Sie aus der Puste?
Das Schostakowitsch Violin Konzert No.1 ist definitiv das körperlich anstrengendste Stück, das ich je gespielt habe. Sogar im Vergleich zu allen 6 Sonaten und Partitas von Bach (ungefähr 2 ½ Stunden Musik). Der Übergang der Kadenz des dritten „Passacaglia“-Satzes in das Finale ist wie ein Raketenstart in das All. Und dabei ist noch nicht einmal der psychische Zustand einberechnet, man muss sich dem Stück hingeben. Ehrlich gesagt kann ich das Konzert maximal 2–3 Mal alle paar Monate aufführen.
10. Welcher Komponist bzw. welches Werk wird Ihrer Meinung nach heutzutage überschätzt bzw. unterschätzt?
Ich glaube nicht, dass ich das musikalische Wissen oder die Autorität habe diese Frage zu beantworten. Fragen Sie mich in 60 Jahren nochmal.
11. Welche Aussage über Musik möchten Sie nie wieder hören?
„Klassische Musik stirbt/ ist tot“ – Das sagen häufig Menschen in unserer Industrie, die sich lieber über die aktuelle Situation beschweren als es einfach zu akzeptieren oder aktiv etwas gegen die Situation zu machen.
12.Was ist ihr musikalisches Credo?
Das ist für Künstler und Musiker: Menschen wünschen sich positive Erlebnisse, gebt sie ihnen. Stellt nicht das eigene Ego über die Musik und die Menschen, die sie hören. Mein Lieblingszitat aus dem Buch „Effortless Mastery“ von Kenny Werner: „Wie Schamanen dienen wir als Heiler, Metaphysiker, Anstifter … und als Quelle der Inspiration. Wenn der Musiker von innen heraus erleuchtet ist, wird er zu einer Lampe, die andere Lampen anzündet. Dann dient er als Mittel für den heilenden Ozean des Klangs, um über unseren Planeten und seine Bevölkerung zu kommen und zu heilen, was uns plagt. Solche Musik ist wichtig. Man sagt ‘nur der, der gehorcht, kann befehlen. ’ Wenn der Künstler in seinen Dienst eintaucht, sich selbst immer wieder aufgibt, dann entsteht ein anderes Paradox: „ER WIRD VON ALLEN ANDEREN ALS MEISTER GESEHEN“
13. Welches Buch liegt Moment auf Ihrem Nachttisch?
Alle meine Bücher sind auf meinem iPhone. Es ist die einzige Möglichkeit, um zu Reisen und nicht ständig Bücher wegschmeißen zu müssen (oder gar nicht zu lesen, was heutzutage üblich geworden ist). Ich finde, es ist ganz schön großartig, dass ich mehr als 150 Bücher mit mir „trage“ und die Möglichkeit habe, jederzeit ein neues Buch zu erwerben und zu lesen. Momentan lese ich zwei Bücher: „Effortless Mastery“ von Kenny Werner und ich habe die „The Demon Cycle“-Serie von Peter V. Brett durchgelesen. Ich mag es ein etwas ernsteres Buch und einen spaßigen Science Fiction oder Fantasy Roman gleichzeitig zu lesen, um ein wenig Abwechslung zu haben und meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
14. Mit welcher Märchengestalt würden Sie sich identifizieren?
Es ist nicht unbedingt eine Märchengestalt, aber es ist definitiv ein Charakter, der oft existiert und als Protagonist in der Märchen/ Fantasiewelt agiert. Sie kennen den jungen Charakter, der talentiert ist, aber ein kleiner Unruhestifter ist/ eine dunkle Vergangenheit hat/ nicht ganz von der Gesellschaft akzeptiert ist (suchen Sie sich etwas aus) und unter der Anleitung eines Mentors lernen muss mit seinen Kräften umzugehen, um eines Tages der große Held zu werden, der die Welt rettet? Es gibt einen Grund, warum diese Art von Vorlage fast auf alle Protagonisten zutrifft; es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der davon träumt, eines Tages sein volles Potential ausschöpfen zu können. Das gibt Hoffnung und gleichzeitig hilft es den Menschen zu verstehen, dass niemand jemals ein Held sein wird, ohne dunkle oder schwierige Zeiten durchlaufen zu haben. Es ist der Triumph über solche Dinge, die einen zu dem machen, der man ist.
15. Welches der vier Temperamente – sanguinisch, melancholisch, cholerisch, phlegmatisch – entspricht Ihrem Wesen am ehesten?
Sanguinisch: optimistisch oder positiv, vor allem in einer scheinbar schlechten oder schwierigen Situation. Ja, das bin ich.