Sänger haben ihr Instrument immer bei sich. Das hat die Jodler unter der Dusche nicht immer beliebt gemacht. Deshalb gibt es jetzt “Voices 2001”. Jede Woche präsentieren wir eine “Stimme” der “Voices 2001” mit Hörbeispiel.
“So ähnlich, denkt man, muss Orpheus gesungen haben”, hieß es in der “Zeit”. Nein, nicht Orpheus – Andreas Scholl singt hier. “Ein Countertenor kann Glücksmomente herbeizaubern, auch wenn er 65 Minuten lang die Qualen der Liebe besingt und sich dafür 400 Jahre alte Renaissancelieder aussucht.” John Dowland war ja auch der Superstar der Laute – um 1600, als man mit dem leisen, schnell verstimmten Instrument noch richtig Furore machen konnte. Mit seinen Aires spielte er sich von Hof zu Hof, kommentierte in seinen Liedern Politik und Liebesaffairen und erhielt vom dänischen König das höchste Musikergehalt Europas. John Dowland, der berühmte, hatte einen Sohn, der eine Sammlung von Liedern veröffentlichte, die bald ebenso berühmt wurde.
Doch alles, was “Musicall Banquet” enthielt, war musikalisch so ausgefeilt und raffiniert, dass niemand anders als Big Daddy dahinter stehen konnte: “Musicall Banquet” wurde auf viele Jahre zum Renner – und war dann, wie Robert Dowland auch, drei Jahrhunderte lang völlig vergessen. Als Andreas Scholl das Opus jetzt wieder auskramte, begann die Zeit der Spätrenaissance erneut elegant zu schillern und zu glänzen. “Natürlich kommt diese Musik aus einer sehr fernen Zeit”, sagt Andreas Scholl. Und dann hört man ihn das temperamentvolle “Vuestros ojos tienen d’Amor” singen – die Stimme erhebt sich mit dieser unverwechselbaren Leichtigkeit, rein, wie auf einer Oboe geblasen. “Eure Augen, ich weiß nicht, was Amor in sie gelegt …” Ist das Kitsch oder Gefühl, Balladenton oder getextete Musik? Bedeutungslose Fragen bei soviel schierer Schönheit – vokale Kammermusik in ihrer schönsten Form.