Es war eine glückliche Fügung. Als Ernest Ansermet auf dem Zenit seines Schaffens angelangt war, wurden die ersten Stereo-Aufnahmen angefertigt.
Decca spielte auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle. Dem britische Plattenlabel war es in den 1950er Jahren gelungen, eine Klangqualität herzustellen, die bei den Plattenkonsumenten das Hörgefühl weckte, mitten im Konzertsaal zu stehen. Ernest Ansermet war angetan von den neuen Möglichkeiten der Technik. Der 1883 in Genf geborene, weltberühmte Dirigent war alles andere als ein Traditionalist. Im Gegenteil: Überall, wo Neugierde herrschte, wo experimentiert wurde und Pioniere am Werk waren, fühlte er sich wohl.
Das hatte er schon als Dirigent unter Beweis gestellt. Ansermet liebte nicht nur die russischen, deutschen und französischen Romantiker, sondern war auch ein kompromissloser Verfechter der modernen Musik. Ob Alban Berg, Béla Bartók, Maurice Ravel, Claude Debussy oder Henri Dutilleux – Ansermet scheute keine Mühe, sich neue Klangkosmen zu erschließen. Er verfolgte die Mission, die impressionistische und experimentelle Musik der jungen Moderne dem Publikum nahe zu bringen.
Dabei kam die neue Technik wie gerufen. Dass Decca und Ansermet zusammenfanden, ist aus dem Rückblick betrachtet kein Zufall. Hier verbanden sich Pioniere, und die enormen Früchte dieser Zusammenarbeit können jetzt in einer neuen Edition erlebt werden. “Ernest Ansermet Edition – French Music Vol. 1” umfasst 32 Tonträger. Die Sammlung umspannt einen Zeitraum von anderthalb Jahrzehnten (1953–1968). Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie viele Einspielungen in dieser vergleichsweise kurzen Zeit entstanden sind. Ansermets Orchestre de la Suisse Romande klingt äußerst differenziert und transparent. Darauf kam es dem Dirigenten an.
Das Repertoire reicht von französischen Romantikern des 19. Jahrhunderts wie Hector Berlioz, Georges Bizet oder Camille Saint-Saëns über spätromantische Größen wie Gabriel Fauré bis hin zu den französischen Impressionisten Claude Debussy und Maurice Ravel sowie späteren Avantgardisten wie Arthur Honegger und Frank Martin. Den Löwenanteil machen die Werke von Claude Debussy aus, mit dem Ansermet noch persönlich bekannt war. Das gilt aber auch für andere Komponisten dieser Sammlung, mit der man sich einen hervorragenden Überblick über die französische Musiktradition des 19. und 20. Jahrhunderts verschaffen kann.