Der Geist des großen Johann Sebastian Bach durchdringt das Album “Homages”, ohne dass eine Originalkomposition zu hören wäre. Ein Arrangement seiner berühmten Chaconne aus der Partita Nr. 2 von Ferruccio Busoni überträgt die Virtuosität der ursprünglichen Violinstimme auf die Tasten, ohne dass sich Busoni dabei zu weit von Bachs Vorlage entfernt. Benjamin Grosvenor lässt seine Hände mühelos durch die komplexe Klangwelt wandern, die der italienische Komponist aus Bachs Werk geschöpft hat und schafft mit raumgreifenden Oktavierungen und Verdopplungen von Akkordtönen eine ganz Fülle harmonischer Farben.
Auch Felix Mendelssohn-Bartholdy bezog sich mit seinem Opus 35 auf Johann Sebastian Bach. Seine Präludien und Fugen Nr. 1 bis 6 bezeichnete er selbst als „das Beste, was ich für Klavier geschrieben habe". Benjamin Grosvenor hat für sein Album die Präludien und Fugen Nr. 1 und Nr. 5 ausgewählt und baut mit Mendelssohns Klängen eine Brücke vom Barock direkt in die Romantik. Der Musik wohnt sowohl die Faszination und Begeisterung für Bachs musikalische Sprache inne, als auch Mendelssohns eigene originelle Vorstellungskraft. “Stände Bach aus dem Grabe auf, so würde er sich freuen, daß Komponisten wie Mendelssohn noch Blumen auf dem Felde ziehen, wo er so riesenarmige Eichenwälder angelegt”, sagte Robert Schumann über Mendelssohns op. 35 – Benjamin Grosvenor erweckt den Dialog zwischen den Epochen mit wunderbar detailverliebtem Ausdruck zum Leben.
Ein weiterer Komponist der Romantik, der sich intensiv mit der Orgelmusik des Barock auseinander gesetzt hat, ist César Franck. Sein erstes Klavierwerk mit dem Titel “Prélude, Choral et Fugue” von 1884 macht den Bezug zu Bachs Orgel-Präludien offensichtlich. Benjamin Grosvenor zeigt auch in diesen drei kleinformatigen Stücken viel Feinsinn bei der Ausgestaltung von barock anmutender Eleganz und sinnlichen, spätromantischen Nuancen. Unter den Händen des britischen Pianisten trifft akkurate Präzision à la Bach auf leichtfüßigen französischen Charme und wird zu einem “neogotischen” Kunstwerk der Pariser Spätromantik.
Aus den Werken von Frédéric Chopin und Franz Liszt, die Benjamin Grosvenors Album um weitere Klangfarben bereichern, spricht die Sehnsucht nach Italien. Als “Barkarolen” bezeichnete man ursprünglich die Gesänge venezianischer Gondolieri, mit seiner “Barcarolle” op. 60 taucht Chopin klanglich in die geheimnisvolle und faszinierende Atmosphäre der Lagunenstadt Venedig ein. Franz Liszts virtuoser Tryptichon “Venezia e Napoli” gehört zu den beliebtesten Klavierkompositionen aus seiner Feder. Mit authentischer stellt Liszt darin Bezüge zu italienischer Volks- und Opernmusik her und nimmt das Publikum mit neapolitanischen Melodien und bildhafter Klangsprache mit in die südlichen Gefilde Europas – Benjamin Grosvenor entpuppt sich dabei als talentierter Reiseführer.