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Claudio Abbado
Claudio Abbado

Kongeniale Partnerschaft: Konzert-Aufnahmen von Martha Argerich und Claudio Abbado

Claudio Abbado, Martha Argerich
© Ilse Buhs / Deutsche Grammophon
05.01.2015

Die Zusammenarbeit eigensinniger Persönlichkeiten ist nie leicht. Sie hängt an so vielen Voraussetzungen, dass Rezepte nicht wirklich taugen. Entweder es klappt, oder es klappt eben nicht. In der Musik kommt hinzu, dass sich die zusammenwirkenden Künstler irgendwo berühren sollten. Es muss, soll die Zusammenarbeit Früchte tragen, eine Verbindung entstehen, sei es nun eine gespannte, eine symbiotische oder eine ergänzende.

Nähe und Distanz

Das Verhältnis von Martha Argerich und Claudio Abbado war eine schöpferische Mischung. Es gab so viele Ebenen, auf denen sie sich begegneten, dass man bei jeder neuen Aufnahme überrascht war, was sie noch alles auf Lager haben. Ihr Zusammenspiel glich variablen Tänzen, in denen immer wieder die Position gewechselt wird. Und doch gab es eine Konstante, einen gemeinsamen Fluchtpunkt, und das war das beiderseitige Interesse an romantischer, expressiver Musik, die bei allem Pathos harmonisch klar dargeboten werden sollte. Der prägende Meister im Hintergrund war Friedrich Gulda, bei dem beide Klavier studiert hatten und der wie kaum ein anderer Pianist Improvisation, Spielfreude und Genauigkeit in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen wusste.        

Große Freiräume

Der feingliedrige, höchst elegante Claudio Abbado war als Dirigent ein sanfter Moderator, der seinem Orchester viel Vertrauen entgegenbrachte und seinen Soloinstrumentalisten den Rücken frei hielt. Auf diese Weise öffnete er große Freiräume, und das kam Martha Argerich, die viel Platz für ihr Klavierspiel braucht, zupass. Das Resultat dieser einzigartigen Zusammenarbeit ist jetzt in einer Edition sämtlicher Konzert-Aufnahmen Argerichs und Abbados, die einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten umspannen (1967–2013), erstmals zu überblicken und kann in seiner überwältigenden musikalischen Vielfalt nur bewundert werden. Mit Ravels Konzert in G-Dur findet sich sogar ein Werk in der Sammlung, das zwei Mal vorkommt, so dass man die Variabilität der Interpretationskünste dieser beiden Ausnahmekünstler selbständig vergleichen kann.

Expressive Leidenschaft

Die erste Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern stammt aus dem Jahre 1967 und besticht durch ihre Genauigkeit und Reife. Dagegen wirkt die Aufnahme mit dem London Symphony Orchestra, die 16 Jahre später erfolgte, luftiger, freier, bisweilen sogar kühn. Beide Aufnahmen haben ihren eigenen Reiz, aber der Ravel aus den 80er Jahren zeigt, wohin die Reise gehen sollte: hin zu immer größerer Gelassenheit und Sicherheit. Dadurch boten sich den beiden immer voluminösere Räume, um das expressive Moment der romantischen Musik bis an die Grenzen auszureizen. Und das, wohlgemerkt, ohne dabei Harmonien zu verwischen oder an irgendeiner Stelle zu patzen. Diese Form von Meisterschaft gipfelte dann in den beiden Klavierkonzerten in C-Dur und d-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart. Erst voriges Jahr in Luzern aufgenommen, können sie in ihrer perfekten Mischung aus orchestraler Klangreife, harmonischer Präzision und Gefühlsstärke schon jetzt Klassizität für sich beanspruchen. 

Romantische Tiefe

Dazwischen liegen frenetisch gefeierte Auftritte und Referenz-Aufnahmen, in denen Argerich und Abbado die emotionale Tiefe und Abgründigkeit der großen romantischen Tradition des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bis ins kleinste Detail ausgelotet haben. Ob bei Beethoven, bei Chopin, Liszt oder Prokofjew, stets demonstrierten diese beiden Künstler, dass sie romantische Musik nicht nur darbieten, sondern dass sie selber Romantiker sind. Und wer das auch ist, der sollte auf diese Sammlung nicht verzichten.

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