In der Generation der jungen Sopranistinnen nimmt die russische Sängerin Julia Lezhneva bereits seit längerem einen herausragenden Platz ein. Mit ihrem neuen Album “Graun Arias” bestätigt sie einmal mehr ihren Ruf als virtuose Stimmkünstlerin ebenso wie als überaus facettenreiche und sensible Interpretin. Nach ihren erfolgreichen Soloalben “Handel” und “Alleluia” wendet sich Lezhneva mit Carl Heinrich Graun nun einem weniger bekannten Komponisten der Barockzeit zu und beweist mit ihrer Einspielung eindrucksvoll die Brillanz seiner Kompositionen. Am 14. April erscheint das Album bei Decca.
Carl Heinrich Graun war ein Komponist, dessen Schaffen in ganz besonderer Beziehung zum politischen Geschehen stand. So war er als Hofkapellmeister für keinen Geringeren als den preußischen König Friedrich II, bekannt als Friedrich den Großen, tätig und komponierte in dieser Funktion eine Vielzahl von Werken, mit denen er damals auf große Begeisterung stieß. Dabei führte er die italienische Oper eines Alessandro Scarlatti mit seinen umfangreichen Bühnenwerken virtuos zu ihrem Höhepunkt und schuf darüber hinaus auch etliche geistliche Stücke. Mit dem Auftreten Christoph Willibald Glucks verschwanden seine Werke jedoch relativ bald von den Spielplänen und Bühnen.
Lauscht man heute insbesondere den Opern Grauns und erlebt man deren Emotionalität, ihre Farbigkeit und vibrierende Lebendigkeit, so mag man kaum glauben, dass der Komponist bis vor kurzem weitgehend in Vergessenheit geraten war. Umso bedeutsamer erscheint das neue Album von Julia Lezhneva, das nicht nur überreich ist an musikalischen Schätzen und Entdeckungen, sondern darüber hinaus einem faszinierenden Barockmeister die wohl verdiente Ehre erweist. Zweimal allein wurde die berühmte “Lindenoper” in Berlin mit einer Oper Carl heinrich Grauns eröffnet: 1742 zur Einweihung des damals neuen Hauses und 1992 zum 250. Jubiläum der Staatsoper Unter den Linden – beide mal erklang Grauns Oper “Cleopatra e Cesare”!
Für die Auswahl der Stücke auf ihrem neuen Album hat die Sopranistin Julia Lezhneva viele Stunden in der Berliner Staatsbibliothek zugebracht und dort verschiedene Arien Grauns gesichtet und ausgewählt, deren mitreißende Musikalität und dramatische Intensität das Zeugnis eines meisterhaften Tonschöpfers geben. Insgesamt elf Weltersteinspielungen finden sich auf “Graun Arias” und jede für sich ist eine genussreiche Entdeckung. „Grauns Musik ist einfach und fließend, nichts Künstliches ist darin, vielmehr Wahrhaftigkeit und Natürlichkeit“, so die Sängerin über Grauns Stücke. Für die Auswahl der Stücke auf ihrem Album hat Lezhneva besonderen Wert darauf gelegt, dass die verschiedensten Emotionen der Arien erlebbar werden: "furioso, klagend, “charakterisch”, tragisch, bravourös und überaus freudig".
Julia Lezhneva bringt das ganze emotionale Spektrum des Albums mit mitreißender Innigkeit und bezwingender Ausdruckskraft zum Tragen und erweckt die unterschiedlichen Szenen mit der ihr eigenen Sensibilität zum Leben. Fesselnd, präsent, mit ungemeiner Wendigkeit bei den Koloraturen und spielerischer Raffinesse in der Melodieführung durchdringt Lezhneva die einzelnen Arien. Ihre Stimme scheint dabei zu glühen und meistert warm, fließend und weich die Übergänge zwischen den Registern. Im fein ausgestalteten Zusammenspiel mit dem Concerto Köln unter der Leitung von Mikhail Antonenko gelingt der Sopranistin somit eine ebenso anrührende wie packende Ehrerbietung an Carl Heinrich Graun und darüber hinaus ein weiterer Meilenstein ihrer Karriere.