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Mitsuko Uchida
Mitsuko Uchida

Welt im Verborgenen

20.05.2005

Seit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigen sich die Pianistin Mitsuko Uchida und der Geiger Mark Steinberg mit den Violinsonaten von Wolfgang Amadeus Mozart. Nachdem sie die Werke in verschiedenen Perspektiven ausgedeutet hatten, fanden sie es im vergangenen Sommer an der Zeit, die Früchte der gemeinsamen Arbeit zu ernten. So entstand eine eindrucksvolle Einspielung der Sonaten K303, K304, K377 und K526, die nicht nur über den kristallklaren Klang der DSD-Aufnahme für den zum Stereo-Signal hinzukommenden Surround-Sound des SACD besticht, sondern vor allem durch die wunderbare Harmonie von Mozarts Musik, die über Uchida und Steinberg sich an die Hörer vermittelt.

Mozart bleibt ein Rätsel. Wer immer sich mit ihm beschäftigt, entdeckt bald, dass hinter der Fassade der Leichtigkeit eine Tiefe der Musik verborgen ist, die sonst nur ganz wenigen Komponisten vor und nach ihm gelang. So war es auch für den amerikanischen Geiger Mark Steinberg ein Erlebnis, die Hintergründe und Besonderheiten dieser Klangwelt zu ergründen: “Sich als Hörer auf Mozarts Sonaten für Violine und Klavier einzulassen”, erklärt er im Booklet der Sonatas For Piano and Violin, “heißt, einer privaten Erforschung von Ideen und Eindrücken zu lauschen, die sich in einer höchst vertraulichen Atmosphäre voller Empfindsamkeit entfaltet. Klavier und Geige mit ihren grundverschiedenen Klangcharakteren, teilen sich durchweg das musikalische Material. Diese doppelte Beleuchtung lässt uns das gleiche Material erhellt vom Sonnenlicht sowie von der kalten Widerspiegelung der Sonne im Mondlicht erleben”. Mit weniger poetischen Worten heißt das, dass sich ein Künstlerduo mit besonderer Sorgfalt den Werken widmen muss, wenn über die offensichtlichen Erkenntnisse hinaus die Doppeldeutigkeit der Empfindungen erfahrbar gemacht werden soll. Steinberg, der nach seiner Ausbildung an der Juilliard School und den Universitäten von Princeton, New York und Mannes als Solist unter anderem mit den Londoner Philharmonikern und der Los Angeles Philharmonic auf der Bühne stand, und die japanische Pianistin Mitsuko Uchida, die bereits in den achtziger Jahren durch spektakuläre Mozartkonzert- und -aufnahmezyklen von sich reden machte, taten sich daher Mitte der Neunziger zusammen, um kontinuierlich an der Interpretation der Sonaten für Geige und Klavier zu arbeiten.

Bei der Aufnahme der Werke hatten sie es dann mit sehr unterschiedlichen Vorlagen zu tun. Die Sonate K303, C-Dur zum Beispiel “beginnt mit einem seltsamen Gemisch aus einer Opernarie und einem Klavierkonzert” und mündet in eine sich ständig selbst kommentierende Folge humorvoller Motiveinfälle. Das Pendant in e-Moll K304 hingegen erweist sich als finstere, traurige Klangphantasie in zwei Sätzen, in der der Komponist den unmittelbar vorangegangenen Tod seiner Mutter eindrucksvoll betrauert. Die Sonate in F-Dur K377 wiederum ist ein virtuoses Kabinettstück, das verspielt und mit vielen Variationen durchzogen ganz den unbeschwerten und souveränen Klanggestalter in den Vordergrund stellt. Die A-Dur-Sonate K526 schließlich ist bereits Teil einer späteren Stilphase Mozarts, die von immenser Kunstfertigkeit im Umgang mit der Verknüpfung scheinbar asymmetrischer Motivgeflechte bestimmt ist. Im musikalischen Verbund präsentieren die vier Werke daher einen wechselhaften, stellenweise impulsiven, aber immer meisterhaften Komponisten, dessen Schöpfungen voller Überraschungen stecken. “Der Dichter Albert Goldbarth spricht von einer ‘Liebe zum Leben, die so reich ist, dass sie sich das Weinen in ihrer Mitte leisten kann’. Als ich kürzlich auf diese Formulierung stieß, musste ich an Mozart denken, dessen Licht voller Schatten ist, dessen Glückseligkeit so oft mit Vieldeutigkeit kokettiert. Es ist diese aus Einsicht und Verstehen geborene Liebe zum Leben, die uns so stark fesselt und berührt”.

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