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Der 200. Geburtstag von Franz Liszt auf Deutsche Grammophon und Decca

Franz Liszt
© AKG-images
21.10.2011
Die anhaltende Faszination Franz Liszts liegt zweifellos auch darin begründet, dass seine Persönlichkeit heute so vollständig von Klischees umstellt ist, dass der Mensch eigentümlich ungreifbar und die künstlerische Bedeutung seiner musikalischen Werke verhandelbar geblieben ist. Im Musikbetrieb des 19. Jahrhunderts gilt er als echter Europäer. Er ist ein Autodidakt, der seine rudimentäre Schulbildung aus eigener Kraft kompensieren und sich zeitlebens mit Intellektuellen umgeben wird. Der exzentrische Virtuose wird als Erfinder des Klavier-Recitals den Konzertbetrieb nachhaltig verändern. Man sieht in ihm einen Scharlatan, der sich der musikalischen Ideen anderer schamlos bedient und sie „frisiert“, um seine überragende pianistische Technik zur Schau stellen zu können. Das 20. nennt ihn den Superstar des 19. Jahrhunderts, dem das Publikum bis hin zur Anbetung ergeben gewesen sei. Noch ins hohe Alter begleitet ihn der Ruf eines Womanizers mit zahllosen amourösen Abenteuern und unehelich gezeugten Kindern. Als selbstloser Lehrer bildet er ein Heer von Schülern aus, auf das sämtliche Klavierschulen der Zukunft zurückgehen werden. Und er wird schließlich zum Mystiker, der die katholischen niederen Weihen empfängt und im schwarzen Talar wandelt.

Höhepunkte eines gewaltigen Schaffensdrangs

Doch wie steht es um die Musik des Komponisten Franz Liszt? So zahlreich und widersprüchlich die ihm von Zeitgenossen und Nachgeborenen zugeschriebenen Attribute sind, so umfangreich und vielgestaltig ist auch das Werk dieses kreativen Workaholic. In seinem mehr als 700 Titel umfassenden Oeuvre, das bis heute nicht in seiner Gesamtheit eingespielt worden ist, finden sich nahezu alle Gattungen von der Klavierminiatur, über Klavierkonzerte, Lieder, Kammermusik, Orgelwerke und eine Oper bis hin zur von ihm maßgeblich mitentwickelten sinfonischen Dichtung. Jedoch findet Liszt erst nach Beendigung seiner fulminanten Karriere als tourender Klaviervirtuose im Alter von 35 Jahren zu der Konzentration, mit der er eine Reihe von Werken schreiben kann, deren vielseitige Auswirkungen bis heute diskutiert und als teils visionär erachtet wird. Mit Neueinspielungen dieser Schlüsselwerke und neuen Zusammenstellungen legendärer Aufnahmen begehen Deutsche Grammophon und Decca in diesem Jahr Franz Liszts 200. Geburtstag.

200 Jahre Franz Liszt auf Deutsche Grammophon und Decca

Auf der ambitionierten Doppel-CD “The Liszt Project“ unternimmt Pierre-Laurent Aimard den faszinierenden Versuch, die andauernde Relevanz einiger visionärer Klavierwerke Franz Liszts für heutige Hörer auszuloten. So beeinflusste die dem chamäleonartigen Charakter ihres Schöpfers entsprechende und von brillianten Ideen überschäumende h-Moll-Sonate unmittelbar die revolutionären Sonatenkompositionen Alexander Skrjabins und Alban Bergs. Und Liszts späte Klavierminiaturen mit teils sensationell neuartigen Harmonien und bizarr anmutenden Klangwelten warfen vielfältige Fragen auf, die von künftigen Komponistengenerationen dankbar aufgegriffen wurden. Der brasilianische Pianist Nelson Freire ehrt Franz Liszt im Jubiläumsjahr mit seinem neu eingespielten Album “Harmonies du soir”, der persönlichen Auswahl seiner liebsten Liszt-Stücke. Zu einer Premiere der besonderen Art haben sich Daniel Barenboim und Pierre Boulez hinreißen lassen: Gemeinsam mit der Staatskapelle Berlin haben sie Franz Liszts Klavierkonzerte 1 & 2 eingespielt. Dabei saß Barenboim am Flügel und Boulez stand erstmals überhaupt für die Klavierkonzerte hinter dem Pult! Auf der Compilation “Franz Liszt Superstar” haben die Experten der Deutschen Grammophon die beliebtesten Klavierwerke des Komponisten zusammengestellt. Und wer das gesamte Schaffen Liszts über alle Gattungen hinweg ins Visier nehmen möchte, greift zu “The Liszt Collection”.
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