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Janine Jansen
Janine Jansen

Farbiges Barock

29.04.2005

Ausgerechnet die “Vier Jahreszeiten”! Als ob die berühmte Konzertsuite von Antonio Vivaldi nicht schon von vielen großen Geigern gespielt worden wäre. Und doch: Gerade große Kunstwerke zeichnen sich dadurch aus, dass sie niemals fertig interpretiert werden sein können. Jeder Musiker von Format wird ihnen wieder neue Seiten und ungewohnte Variationen abgewinnen, so dass auch das vermeintlich Bekannte sich aus frischer Perspektive präsentiert. Und deshalb ist es erst recht spannend, wenn sich eine Weltklassegeigerin wie Janine Jansen dem Klassiker der Konzertsäle widmet und ihn aus ihrer Sicht deutet.

Janine Jansen hat ihre eigenen Vorstellungen. Dazu gehören auch ein Klangempfinden, das sich von der Norm unterscheidet: “Vivaldis ‘Vier Jahreszeiten’ werden für gewöhnlich mit einem vollen Streichorchester gespielt. Wir aber haben bei der vorliegenden Aufnahme die Besetzung auf gerade mal fünf Solostreicher sowie Cembalo, Orgel und Theorbe reduziert. Dieser Ansatz ist einem Experiment zu verdanken: Ich begann, Bachs Konzerte mit einem verkleinerten Orchester zu spielen, weil ich hören wollte, wie das klingt – und ich stellte fest, dass das außerordentlich gut ging. Daher beschloss ich, dasselbe auch einmal mit Vivaldi zu probieren. Das Ergebnis ist großartig, denn es entsteht ein wunderbar transparenter Klang und die Musiker können im Umgang mit Farben, Dynamik und Timing sehr flexibel agieren”.

Und auch Jansen selbst hat die Möglichkeit, weit mehr aus ihrem außergewöhnlichen Instrument heraus zu holen. Ihre Stradivai “Barrere” von 1727, die ihr bereits mehrfach und in diesem Fall auch für die Aufnahme von der Stradivari Society of Chicago und dem Elise Mathilde Fund zur Verfügung gestellt wurde, brilliert mit strahlendem, tragendem Ton. Mühelos verhilft es seiner Herrin zu einer Klarheit und Emotionalität, wie sie nur mit herausragenden Instrumenten zu erreichen ist. Darüber hinaus aber ist ich auch das Kammerensemble ein Hort der Inspiration. Aus gutem Grund: “Natürlich dachte ich lange und gründlich über die richtige Besetzung für solch ein kleines Ensemble nach, denn mir war klar, dass es der richtigen Mischung bedurfte. Das Ergebnis ist eine vorzügliche Gruppe von Musikern, zu der mein Bruder Maarten am Cello und mein Vater Jan am Cembalo gehören. Die Aufnahme selbst war sehr anstrengend, doch auch sehr vergnüglich”.

Diese unkonventionelle Vorgehensweise passt zu Jansens Naturell. Seit das Mädel aus dem holländischen Soest im Alter von vier Jahren begann, ihrer im Kirchenchor singenden Mutter nachzueifern, fand sie ebenso selbstverständlich wie systematisch den Weg zur Musik. Zur Geige wurde sie, nach anfänglicher Liebe zum Cello, durch ein Vorspiel bei der Musikpädagogin Coosje Wijzenbeek bekehrt, bei der die Sechsjährige bald regelmäßig Unterricht bekam. Da sie enormes Talent und noch dazu Ehrgeiz hatte, ging es schnell voran. Mit zehn Jahren stand Jansen zum ersten Mal vor Publikum auf der Bühne. Ihr Lehrer am Utrechter Konservatorium Philipp Hirshhorn verhalf ihr zum Feinschliff interpretatorischer Detailarbeit. Sie debütierte 1997 am Amsterdamer Concertgebouw, war bald darauf mit Pultstars wie Valery Gergiev auf Tournee und ist inzwischen erfolgreich in der Musikwelt von Japan bis in die USA unterwegs.

“Wenn ich spiele, bin ich einfach ich selbst”, fasst sie ihr Credo in einem Satz zusammen und fügt hinzu: “Musizieren ist für mich ein Mittel, meine Empfindungen auszudrücken, weshalb ich auch an jedes Stück so frisch und spontan wie nur möglich herangehe”. Genau das hört man ihren “Vier Jahreszeiten” an. Und genau deswegen werden sie die Musikwelt aufhorchen lassen.

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