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Joseph Calleja
Joseph Calleja

Lucianos Erbe

30.09.2005

Er ist jung, talentiert und hat dieses gewisse Etwas. Denn der 27jährige Tenor Joseph Calleja klingt, als wären die goldenen Zeiten des leidenschaftliche Operngesangs zurückgekehrt, als Kollegen von Mario Lanza bis Luciano Pavarotti mit aller ihnen zur Verfügung stehenden Stimmfülle große Emotionen auf der Bühne und vor den Mikrofonen beschworen. Nichts ist hier zu hören von den akademischen Kniffen der Hochschulgeneration. Calleja singt mit einer Natürlichkeit und Präsenz, die von Herzen kommt, und einer Emphase, die ihn für lyrische ebenso wie dramatische Rollen prädestiniert. Nach dem hochgelobten Debüt “Tenor Arias” zeigt er nun mit “The Golden Voice”, dass er den gesetzten Standard nicht nur halten, sondern noch um zahlreiche Nuancen bereichern kann.

Als Teenager hörte Joseph Calleja am liebsten Hardrock und Heavy Metal. Insofern unterschied er sich wenig von den anderen Jungen seines Heimatstädtchens Attard auf Malta. Doch eines Tages wurde er in Urlaub zu einer Tante nach England geschickt und bekam von der britischen Lady ein Album mit Arien von Luciano Pavarotti als Futter für seinen CD-Player in die Hand gedrückt. Calleja war fasziniert, eine neue Welt öffnete sich ihm, zu der er sich intuitiv hingezogen fühlte. Er sang laut zum Sound aus dem Kopfhörer und machte das bereits so gut, dass die Tante den Eltern empfahl, den Jungen weiter unterrichten zu lassen. So landete er zunächst im Chor, bekam daraufhin Einzelstunden und schließlich eine Empfehlung, doch bei Paul Asciak ein Vorsingen zu wagen. Es war der richtige Schritt, denn der erfahrene Pädagoge erkannte schnell das Talent Callejas: “Mit alle der überschwänglichen Begeisterung der Jugend kündigte er die Stücke an, die er singen wollte. Bei einem Sechzehnjährigen überrascht es nicht, dass er Lieder aus Mario Lanzas Filmrepertoire und Puccinis strapaziöse Arie ‘Nessun dorma’ ausgewählt hatte. Mit all der Erfahrung und Verantwortung meiner 71 Jahre zögerte ich, ob ich ihm erlauben sollte, mit seiner Auswahl fortzufahren … aber jugendliche Begeisterung zu zügeln ist schwer! Nach einigen Takten des Evergreen ‘Be My Love’ wurde deutlich, dass es sich (selbst wenn er mit gepresstem Ton sang) um eine einmalig schöne Stimme handelte, allerdings offensichtlich auch um ein Instrument, das eine Zeitlang sorgfältig und diszipliniert geschult werden musste”. Asciak übernahm den Unterricht und so begann vor 11 Jahren für den Jungen aus der Provinz der Einstieg in die Welt der hohen Kunst.

 

Zügig ging es voran. Als Neunzehnjähriger debütierte Calleja 1997 am Astra-Theater auf Maltas Nachbarinsel Gozo als Macduff in Verdis “Macbeth”, nicht gerade einer idealen Rolle für seine Stimme, aber trotzdem einer, für die er gelobt wurde. Er gewann regionale Ausscheidungen, wurde nach Wien und Mailand eingeladen, wo er sich prompt mit dem ersten Platz beim Caruso-Wettbewerb empfahl. Daraufhin ging es schnell nach oben, im Jahr 1999 sang Calleja in USA, Deutschland, bald darauf in Brüssel, Liège, Toronto, schließlich 2002 an der Welsh National Opera und am Covent Garden (als Herzog in “Rigoletto”), in Bregenz, Frankfurt, München und an der Wiener Staatsoper. In Riccardo Chailly fand er einen Förderer, der ihm gemeinsam mit dem Orchestra Sinfonica e Coro di Milano Giuseppe Verdi das ausgezeichnete Debüt-Album “Tenor Arias” (2004) ermöglichte. Er erntete reichlich Lob von der Presse und sorgte dafür, dass Calleja als einer der potentiellen Erben von Luciano Pavarotti gefeiert wurde. Paul Asciak überraschte das wenig, denn er weiß, in welche Richtung die Fähigkeiten seines Schützlings gehen könnten: “Es ist eine Stimme mit der wunderbaren Neigung zum Legatogesang, eine Stimme, die sich auch einer unter den heutigen Tenorstimmen seltenen Qualität rühmen kann: der Fähigkeit, schmelzende, traumhafte Diminuendi auszuspinnen”.

So ist es nur konsequent, dass über dem Nachfolger von Tenor Arias der selbstbewusste Titel “The Golden Voice” prangt. Calleja hat die goldene Stimme für das lyrische Repertoire und er präsentiert sich mit einer Auswahl italienischer und französischer Arien, die von Bellini, Donizetti und Verdi über Massenet und Offenbach bis Bizet und Gounod reicht. Es ist ein packendes Programm aus Melodien, die er während der vergangenen ereignisreichen Jahre auf der Opern-Bühne gesungen hat (wie aus “La Sonnambula”, “I Puritani” oder “Si j'étais Roi”), solchen, die er in Arien-Recitalen vorgestellt hat (etwa auch “La Favorita”, “I Lombardi” oder “Werther”) und einigen, die zum “goldenen” Zeitalter gezählt werden können (zum Beispiel aus “L’Elesir D’Amore”). Gerahmt wird Calleja von der Academy Of St Martin In The Fields unter der Leitung von Carlo Rizzi und für zwei Stücke stehen ihm die Sopranistinnen Anna Netrebko und Tatiana Lisnic zur Seite. Das ist alte Schule gepaart mit junger Kraft und Kompetenz, eben das, was man sich von einem lyrischen Tenor des klassisch-romantischen Repertoires erhofft. Und so kann man bereits erahnen, dass hier ein zukünftiger Star der internationalen Opernhäuser darauf wartet, gefeiert zu werden.

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