Der Preis der Deutschen Schallplattenkritik gilt als “eine Art unabhängiger TÜV für den gesamten Tonträgermarkt” (Bonner General-Anzeiger). Deshalb ist es stets ein Ereignis für sich, wenn die vierteljährliche Bestenliste des honorigen Vereins erscheint. Am 15. August ist es wieder soweit. Bis dahin darf gehofft und gebangt werden. Jetzt hat der Verein die Alben bekanntgegeben, die diesen Herbst zur Auswahl stehen.
Mit Andris Nelsons und Jan Lisiecki dürfen sich zwei junge Künstler der Deutschen Grammophon Hoffnungen machen, in die Liste aufgenommen zu werden: Andris Nelsons mit seinem hochgelobten Bruckner-Album, Jan Lisiecki mit seinen glänzenden Aufnahmen selten interpretierter Werke für Klavier und Orchester von Frédéric Chopin. Die Jury 2 (“Konzerte”) greift neben Lisieckis Aufnahme auch Sokolovs fulminanten Live-Mitschnitt von Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 mit dem Mahler Chamber Orchestra heraus.
Aber auch Altbewährtes hat in der Longlist seinen Platz, so Karl Böhms als Deluxe-Edition neu aufgelegte, großartige Aufnahme von Richard Wagners Tristan und Isolde. Dass Julia Lezhneva in der Liste auftauchen würde, war beinahe zu erwarten. Die russische Sopranistin hat mit den Arien von Carl Heinrich Graun im Frühjahr ein exzellentes Decca-Album vorgelegt. Die subtilen Schostakowitsch-Interpretationen des deutsch-usbekischen Pianisten Michail Liftis werden von gleich zwei Jurys ins Rennen geschickt.
Diese Ehre wird in diesem Jahr auch Tigran Mansurian zuteil, dessen bei ECM erschienenes Requiem (2010–2011) ebenfalls doppelt nominiert wurde. Mit Roberto Prosseda schafft es ein Künstler in die Longlist, der gemessen an seinen großartigen Leistungen bislang noch viel zu wenig Beachtung gefunden hat. Umso erfreulicher, dass seine Decca-Veröffentlichung mit sämtlichen Klavierwerken von Felix Mendelssohn Bartholdy nominiert wurde.