Wenn es nach Mitsuko Uchida ginge, bräuchten Mozarts Klavierkonzerte eigentlich gar keinen Dirigenten. Denn sie sind Werke, die sich mit verblüffender Konsequenz selbst erschließen. Wenn man so will, sind sie die ersten wirklichen Instrumentalkonzerte überhaupt. Daher ist es nur folgerichtig, dass die berühmte Mozart-Spezialistin diese Werke vom Flügel aus dirigiert, einer sehr individuellen Darstellungsform folgend, die mehr mit Mimik als mit Gestik arbeitet.
Bei den ersten Sätzen, mit denen Mitsuko Uchida im Rahmen des Bonus-Features “Bach spiele ich mit siebzig” der DVD auf die Fragen des Interviewpartners antwortet, siegt erst einmal die Verwunderung. Zunächst sitzt da eine Künstlerin, deren Präsenz und Energie auch noch durch die Vermittlung der Kamera wirkt. Dann aber spricht sie mit einem wunderbar Wiener Dialekt, den man von ihr gar nicht erwartet hätte. Sicher, der Blick in die Biografie erklärt einiges. Uchida kam als 12jährige Teenagerin aus ihrer japanischen Heimat nach Wien, blieb dort ein prägendes Jahrzehnt ihrer Jugend und Ausbildung, um sich dann international auf die Suche nach ihrem Platz in der Konzertgesellschaft zu machen. Und sie betont die Bedeutung dieser Dekade, in der sie sich nicht nur zu einer der versiertesten Pianistinnen ihrer Generation entwickelte, sondern darüber hinaus eben auch die deutsche Sprache mit dem besonderen Zusatz des Wiener Dialektes lernte. Durch diese Fähigkeit, meint sie an anderer Stelle des Interviews, sei es ihr genau genommen erst möglich geworden, tief in die Gedankenwelt sowohl der klassischen Jahre Haydns, Mozarts, Beethovens, wie auch Weberns und Schönbergs einzutauchen, um deren Werke auch aus der Perspektive der lingualen Verortung zu verstehen. Damit geht Uchida weiter als mancher Kollege und konzentriert sich auf die Urgründe kulturellen Bewusstseins, was im Fall von Mozart zu einer klaren Einschätzung des kreativen Menschen führt, der mit seinen Konzerte ein Genre revolutioniert hat.
Mozart war der erste Komponist, der das Solo-Instrument als eigene Stimme ernst genommen hat, die mit dem Orchester in ein Zwiegespräch mündet und nicht mehr von virtuoser Geläufigkeitsdemonstration auf der einen oder melodischen Handlangerdiensten auf der anderen Seite bestimmt ist. Dementsprechend behutsam leitete Uchida im Frühjahr 2001 die Musiker der Camerata Salzburg, mit denen sie sich am Mozarteum der Einspielung der Konzerte in C-Dur KV 415 und d-Moll KV 466 widmete. Es ist ein Dialog unter ihrer Leitung und er funktioniert auf einer Basis nonverbaler, empfundener Gemeinsamkeit. Uchida dirigiert untypisch, ihrer Bewegungen folgen der Musik und scheinen eine direkte Fortsetzung der Emphase und der Emotion, mit der der Komponist seine Konzerte durchzogen hat. Vom Flügel aus leitet sie die Kollegen des Kammerorchesters vor allem durch die Deutlichkeit und wunderbare Freude ihrer Mimik und Körpersprache, die jede andere Zeichengebung überflüssig macht. Uchida geht in Mozart auf, auch das eine Reflex ihrer Wiener Jahre, und sie vermag diese Intensität an ihre Hörer und Zuschauer weiterzugeben. Schon deshalb ist diese DVD mehr als eine reine Tonaufnahme, bei der diese optisch unterstützte Intimität des Musikverständnisses nicht vermittelt werden könnte. Darüber hinaus kommt der ausgezeichnete Klang des DTS 5.1 Surround Sounds (wahlweise PCM Stereo) hinzu, der die Interpretationen noch durch ein profundes Raumempfinden erweitert. So wird die DVD-Version der Klavierkonzerte 13 & 20 von Wolfgang Amadeus Mozart zu einem Musikerlebnis besonderer Art, das vom Genius des Komponisten und seiner Interpretin profitiert.